Theater- und Filmkultur an bayerischen Schulen
Multiplikatorenweiterbildung 7.2.- 9.2.18 Dillingen
Schwerpunktthema: Theater.Raum
(Ganz subjektiv unter dem Motto „Was geht an einer DurchschnittsFOS ?“ zusammengefasst.)
Workshop: „360°- Film“
Ein Workshop, bei dem die Technik beeindruckte: Was kann man mit einer 360°- Kamera alles machen, wie kann der Zuschauer sie lenken? Im Gegensatz zur herkömmlichen Technik, wo der Schnitt des Films den Blick des Zuschauers lenkt, entscheidet jetzt der Zuschauer, welche Perspektive er wählt. Dem Plenum wurde zur Demonstration eine Situation im Fahrstuhl gezeigt, die die Filmer in der Akademie gedreht hatten.
Das war der Workshop, der eher für die Filmer unter den Lehrern geeignet war, denn uns war schnell klar, dass die notwendige technische Ausrüstung für ein derartiges Projekt an den wenigstens FOSBOSen für ein Wahlpflichtfach Szenisches Gestalten zur Verfügung gestellte werden würde.
Workshop: „Der heimliche Erzähler: Das Bühnenbild- Analyse, Entwurf und praktische Umsetzung“
Am Beispiel von „Hänsel und Gretel“ erarbeitete man sich ganz unterschiedliche Bühnenbilder,die dann auch als Modelle in Schuhschachteln gezeigt wurden. Aufgabe war es, ein Elternhaus gegen ein Hexenhaus zu setzen. Dabei sollten die Emotionen der beiden Kinder im Mittelpunkt stehen: Das Elternhaus zeugt von Not, es ist ärmlich, karg und es gibt keine emotionale Wärme. Im Gegensatz dazu ist das Hexenhaus zwar Lug und Trug, aber es verspricht Wärme, Schutz und Überfluss. Eines der rund sechs unterschiedlichen Modelle, die sich das Plenum im Anschluss anschauen konnte, setzte deshalb ein stilisiertes Haus ohne Wände und Dach gegen einen mit Süßigkeiten überfüllten riesigen Drahtkorb. Eine total überraschende, aber auch machbare Lösung.
Workshop: „Performative choreographische Strategien im Kontext einer szenischen Raumkonstellation“
Die Performer sollten zunächst ein Gefühl für einen bestimmten Raum entwickeln und ihn daher mit einem Körperteil vermessen: Man setzte sich z.B. auf eine Stufe, rutschte vorsichtig weiter und kam dann vielleicht auf sechs Pobreiten.Oder man vermaß eine Säule mit den Handbreiten oder ein Stuhlbein mit dem Nasenrücken. Dabei nahm ein Teil der Gruppe seine Vermessungen vor und der andere schaute zu.
Eine weitere Übung „Wo stellst du dich im Raum auf, wenn du der König bist?“ oder „Such dir eine Stelle im Raum, an dem du dich (un-)wohl fühlst“ diente ebenfalls dazu, ein Gefühl für den Raum zu bekommen. Schließlich schwärmte die Gruppe aus, um in der Akademie eine Stelle zu finden, an der sie vor Zuschauern performen wollte. Zwei Gegenstände sollten „erkannt“ und dann in Szene gesetzt werden, was nicht bedeutet, dass mit den Gegenständen in irgendeiner Form gespielt wird, sondern dass der Performer sie spiegelt. Wir sahen zum Beispiel einen geöffneten Sicherungskasten, der von einem Performer pantomimisch bedient wurde, dann dirigierte er seine Gruppe, die mit den Schaltern auf- und ab hüpfte.Eine andere Gruppe stand vor einem Bild und biss in einen Apfel, wie es die Abgebildete auch tat. Eine dritte Gruppe formte mit den Armen eine Weltkugel nach, die das Treppengeländer zierte. Keineswegs war den Zuschauern immer klar, weshalb die Gruppe welche Bewegungen vollführte, dennoch wurde der Raum anders wahrgenommen.
Das Spannende: Was gezeigt wurde, kann man auch mit unseren Schülern erarbeiten. Aber: Man kann die vielleicht 60-100 Zuschauer, die wir an der FOS bei unseren Aufführungen haben, (noch) nicht in einen schmalen Korridor zwängen, über Stiegen leiten oder im Keller verschwinden lassen. Man muss die Zuschauergruppe teilen und von Schülern führen lassen und nicht jeder Zuschauer wird alles sehen. Und das ist nicht das Ausschlaggebende: Ich persönlich würde es mir im Hinblick auf die allgemeine Akzeptanz nicht zutrauen, weil sich wahrscheinlich Schüler und Eltern verweigerten. Max hingegen probt dies gerade in Nürnberg und ich bin wirklich neugierig, wie die Schulfamilie bei der Premiere reagieren wird.
Im Übrigen erinnerten gerade die Performer stark an die beeindruckenden Filmausschnitte(Jugendtheatergruppe B.E.S.T. Bremens Erstes Schulübergreifendes Theater), die uns Karl-Heinz Wenzel in seinem Impuls- Referat vorgespielt hatte. (Marina)
Workshop: „Raum, Ort, Weg, Ziel“
Auch dieser Workshop war für unsere Arbeit sehr hilfreich. So zunächst die bekannte „Da!“- Übung, wo sich die Gruppe einer bestimmten Stelle nähert und dann gemeinsam das „Da!“ ausspricht. Dann wird der Gruppe vorgegeben, in welchem Gemütszustand (ängstlich, freudig, unsicher…) sie sich dieser Stelle nähert und wie sie das Wort dann ausspricht. Auch hier war die Frage, wie man Raum darstellt. Dieses Mal waren Hänsel und Gretel im Wald. Der Wald bestand zunächst aus einzelnen Schauspieler- Bäumen, was zu langweilig war, dann aus Schauspielern, die auf unterschiedlich hohen Hockern standen, dann aus zwei- vier Schauspielergruppen neben und auf unterschiedlich hohen Hockern, so dass ein recht „urwüchsiger“ Waldentstand. Im Anschluss daran bewegte sich der Wald (mit Oberkörper und Armen) und gab vereinzelt Geräusche (Knarzen, Kuckuck usw.) von sich, bis der unheimliche Hänsel- und –Gretel- Wald erreicht war. Wichtig war hier, dass nie alle Lehrer der 23- Mann-Gruppe beteiligt waren, sondern eine rund 6- Mann- Gruppe sich die Darstellung der anderen immer von außen anschauen durfte. So erst bekam man ein gutes Gefühl für die Wirkung.
In der zweiten Übung sollte die Gruppe einen epischen Text dramatisch umsetzen. Inhalt: In den Sommerferien spielt eine Gruppe Kinder U-Boot in einem ehemaligen Jauchefass. Das Fass wird aus Versehen verschlossen und immer heißer- die Kinder drohen zu ersticken, werden aber im letzten Moment gerettet.
Wie stellt man die unterschiedlichen Räume, nämlich Sommerferien auf dem Bauernhof und U-Boot dar? Die Gruppe sollte sich dem über die Emotionen der Kinder nähern:Freude über das gemeinsame Spiel, die sich im U-Boot fortsetzt, in Panik und Erschöpfung übergeht und in Erleichterung endet.
Es gab zwei unterschiedliche Inszenierungen: Die eine Gruppe nutzte den Raum und die relativ großen Aussparungen für die Heizkörper, in die sie sich quetschte und dann auf diesem engen Raum alle oben gesetzten Facetten der Gefühle als Gruppe zeigte.
Die andere Gruppe saß gestaffelt auf unterschiedlich hohen Hockern und zeigte mit ihren Stimmen (laut und fröhlich, laut und wütend, leise und erschöpft, wimmernd und hoffnungslos) die Situation auf, wobei sie sich z.B. auch gegen die imaginäre Klappe stemmte.
Beide Gruppen hatten den Text nicht parat, teilweise nur zweimal gehört und beschränkten sich verbal auf das Wesentliche. Dabei sollten sie Ich-Botschaften formulieren, deren Emotionen sie aufnahmen.
Auch dieser Workshop war sehr animierend und bot jede Menge Hilfeleistungen für unsere Schulart.